Nathan Dawe
Birmingham, 2018. Die O2 Academy ist randvoll mit Menschen. Die Halle brodelt vor Energie und einige UK-Rap-Legenden sind kurz davor, die Bühne zu betreten. Wir sind bei einer 0121-Show, Jahr für Jahr eine Pflichtveranstaltung für junge Männer und Frauen mit Sinn für das Tanzen. "Ich war so sauer, dass ich nicht hinkonnte. Es waren keine Tickets mehr zu haben und...
Birmingham, 2018. Die O2 Academy ist randvoll mit Menschen. Die Halle brodelt vor Energie und einige UK-Rap-Legenden sind kurz davor, die Bühne zu betreten. Wir sind bei einer 0121-Show, Jahr für Jahr eine Pflichtveranstaltung für junge Männer und Frauen mit Sinn für das Tanzen. "Ich war so sauer, dass ich nicht hinkonnte. Es waren keine Tickets mehr zu haben und ich hab mich wirklich geärgert. Kann es kaum abwarten, im nächsten Jahr zu gehen..." - so der Kommentar eines unglücklichen Fans unter einem Video des Abends bei YouTube.
Das Mastermind hinter diesen heiß begehrten Konzerten ist Nathan Dawe, der sich beharrlich einen Ruf als facettenreicher Musikliebhaber und Producer aufgebaut hat, der eine Verbindung zwischen DJing, Live-Events, UK Garage, Pop und UK Rap herstellt. Der 2019er-Nachfolger des 0121-Events hatte Performances der jungen Rap-Stars Aitch und Jaykae zu bieten. "Es ist ein bisschen zu einem Running Gag geworden, wer wohl als Nächstes kommt", sagt Nathan, der mit seinem Track "Flowers" (feat. Jaykae) im gleichen Jahr einen Top-20-Hit in den UK-Charts landen konnte, gefolgt vom Top-3-Hit "Lighter (feat. KSI) in diesem Jahr.
Geboren in Burton on Trent, gleicht Nathans bisherige Karriere einer Bilderbuchgeschichte. Er ist der lokale Club-DJ, der sich landesweit nach oben spielt - und dann direkt in die oberen Regionen der UK-Charts eindringt. Der heute 26-Jährige hat sein Leben lang Scheiben aufgelegt, seit er im Alter von 9 Jahren seine ersten beiden Plattenspieler erhielt. Er lacht: "Ich schmiss meine eigenen Partys daheim und zwang meine Mutter und meinen Vater, mir zuzuhören."
Manch einer könnte denken, dass es seltsam ist, bereits in so jungen Jahren das Berufsziel DJ zu haben. Für Nathan war es einleuchtend. Es war alles, was er wollte. "Ich erinnere mich daran, wie ich als Kind auf Partys ging und alle auf ihren Knien herumrutschten und Fußball mit Ballons spielten oder was auch immer - ich hingegen war immer auf den DJ fixiert. Ich glaube, es war die Faszination mit der einen Person, die die Energie und den Vibe für den gesamten Raum steuert. Wenn du so viel Macht hast, beeinflusst du die Abende der Leute."
Noch nicht alt genug, um in Nightclubs zu spielen, führte Nathans erster Weg zum DJing über die Geburtstagspartys anderer Kids, bei denen er die Musik machte. Schon bald machte er sich damit einen Namen: "Da es eine Kleinstadt war, sprach sich bald herum, dass man mich als DJ dazuholte, wann immer jemand eine Party machte." Als er 16 Jahre alt war, veranstaltete er bereits seine eigenen Events, die Namen wie Shuffle oder Cube trugen und in der ganzen Stadt mit Poster an Bushaltestellen oder Taxiständen beworben wurden.
Schon bald begannen etablierte örtliche Clubs sich zu melden. Noch bevor er volljährig war, erhielt Nathan eine Residency im lokalen Nightclub Bullet - zumindest so lange, bis ihn jemand verpfiff: "Eines Tages schickte jemand eine anonyme E-Mail an den Club und sagte: ‚Ihr müsst mal überprüfen, wie alt euer DJ ist - er ist 17'". Bis dahin jedoch hatte er Woche für Woche den Club bespielt. Es war alles Teil der Erfüllung seines Traumes.
Es folgten SoundCloud-Mixe, die es Nathan ermöglichten, sein DJing im Ausland zu praktizieren, etwa über die Sommermonate auf der griechischen Insel Zante. Was gut war, so lange es währte - doch die Rückkehr ins kalte UK im Winter war demoralisierend.
"Ich kann mich erinnern, dass viele meiner Freunde inzwischen gutes Geld verdienten und ich im Winter nur 100 Pfund in der Woche. Das war toll, als ich 15 war, doch mit 21 nicht mehr. Ich hatte riesige Ansprüche, ein bekannter DJ zu werden. Ich erinnere mich, wie ich T4 oder Party in the Park ansah und dachte, dass ich liebend gern vor solchen Zuschauermengen spielen würde. Doch das würde nicht passieren, so lange ich nur auf meinem Hintern saß." Und so gab er dem Ganzen eine letzte Chance. Ein weiteres Jahr, beginnend mit einem weiteren SoundCloud-Mix.
Als Nathan Dawe 2015 seinen Mix GOLD EDITION 1 veröffentlichte, wurde er ein viraler Hit. "Freunde von mir riefen an und berichteten: ‚Yo, ich bin gerade bei einem Vorglühen und sie haben deinen Mix angestellt'. Es war irre." Durch das Verschmelzen unterschiedlicher Genres im Mix ging er plötzlich durch die Decke, Clubs im ganzen Land begannen, ihn zu buchen. "Ich begann zu verstehen, dass es sich durch das ganze Land verteilte. In diesem Jahr wollte zum ersten Mal jemand ein Foto mit mir machen."
Nathan dachte über seine nächsten Schritte nach. "SoundCloud-Mixe sind natürlich nichts für die Ewigkeit. Ich hatte die Vision, dass ich damit beginnen musste, Musik zu veröffentlichen. Viele der größeren Festivals dachten: Schön und gut, er hat SoundCloud, aber welchen großen Song hat er?"
Die Single "Cheatin'" erschien 2018. Auf einem Sample von Deborah Cox' Hit "It's Over Now" von 1999 aufgebaut, war er der erste Vorgeschmack von Nathans Sound als Künstler - satte, dem Ohr schmeichelnde Vocals über eine Club-taugliche Produktion. Jaykae, der Nathan durch seine DJ-Sets in der Heimat und im Ausland kannte, gesellte sich für einen Remix dazu. Es folgte der Durchbruch-Smasher "Flowers", der ein Sample des gewaltigen und ikonischen gleichnamigen Tracks von Sweet Female Attitude interpolierte. Der Song wurde einer der Smash-Hits des Jahres 2019 und hat inzwischen offiziell Platin-Status im UK.
"Lighter" ft. KSI folgte auf dem Fuße, stieg gleich in der ersten Woche auf Platz 4 der offiziellen UK-Charts ein und kletterte bis auf Platz 3 - Nathans bisher höchstplatzierte Single. Der Song hielt sich neun Wochen in den Top 10, hat über 75 Millionen Streams angehäuft und Gold-Status. Plötzlich hakte er Meilensteine in Serie ab.
Den Fuß weiter fest auf dem Gaspedal, hat Nathan als Nächstes eine Single mit niemand Geringerem als Little Mix im Köcher. All das ist Teil seines Stufenplans zur Weltherrschaft. Wenn er von Zukunftsplänen spricht, tut er dies in aller Deutlichkeit: "Hit auf Hit veröffentlichen. Nummer-1-Erfolge erzielen und ein etablierter Name in diesen Breiten werden." Vom lokalen Club-DJ über den nationalen Star zum internationalen Club-Act und weltweit bekannten Producer? Bleiben Sie dran. 0121.