Das Meisterwerk von 1971: "Led Zeppelin IV" feiert 50 Jahre
Unbetitelt, unbestreitbar und unaufhaltsam. Das vierte Studioalbum von Led Zeppelin, besser bekannt als Led Zeppelin IV, erschien vor 50 Jahren, am 8. November 1971. Sein Bann bleibt ungebrochen und das Werk gilt als eines der kreativsten und kommerziell erfolgreichsten in der Musikgeschichte. Als künstlerisches Statement traf das Album einen Nerv, der bis heute seinen Nachhall bei Musikfans findet und Generationen von Musikern inspiriert hat.
Auch in kommerzieller Hinsicht ist Led Zeppelin IV mit weltweit über 37 Millionen verkauften Tonträgern ein Gigant. In den USA wurde das Album kürzlich mit 24-fachem Platin ausgezeichnet und ist damit das fünftbestverkaufte Album aller Zeiten sowie das bestverkaufte Album eines britischen Artists (gleichauf mit The Beatles alias The White Album). Nicht viel anders sieht es im Rest der Welt aus: In Kanada steht eine zweifache Diamant-Auszeichnung zu Buche, Multi-Platin in Australien (9x), Großbritannien (6x) und Frankreich (2x), Platin in Argentinien, Brasilien, Italien, Norwegen, Polen und Spanien und in Deutschland hat das Album dreifachen Gold-Status.
Led Zeppelin IV toppte die Albumcharts in Großbritannien, Kanada und den Niederlanden und erreichte Platz 2 in Australien, Dänemark, Frankreich, Schweden und den USA, wo es bis heute das meistverkaufte Album der Band ist. In Deutschland kam das Werk auf Platz 5.
Wir gehen zurück in die Monate vor den Erfolgen und Auszeichnungen des Jahres 1971: Die Band verbrachte den Herbst und Winter 1970 damit, Led Zeppelin IV zu schreiben und aufzunehmen, Letzteres ab Dezember 1970 in den Londoner Island Studios. Einen Monat später siedelte die Band nach Headley Grange über, ein Landsitz im englischen Hampshire. Sie bauten das Haus in ein Aufnahmestudio um und machten sich das Rolling Stones Mobile Studio zunutze, um einen Großteil der grundlegenden Spuren des Albums mit Tontechniker Andy Johns aufzunehmen, der schon einen Teil von Led Zeppelin II und III betreut hatte.
Jimmy Page, der das Album auch produzierte, erinnert sich: „Nach dem kurzen Aufenthalt von Robert [Plant] und mir im Landhaus Bron-Yr-Aur [während der Arbeit an Led Zeppelin III] malte ich mir eine Situation aus, dass wir alle in Headley Grange wohnen und einen Aufnahmewagen zur Verfügung haben. Ich war von der Idee angetan, dort zu wohnen und es zugleich als Arbeitsplatz zu nutzen, sodass man sich voll und ganz auf das Musikmachen konzentrieren konnte.“
„Es war alles ein bisschen experimentell“, sagt John Paul Jones. „Aber es war das erste Mal, dass wir tatsächlich zusammen wohnten. Vorher haben wir in Studios aufgenommen und es war ein ständiges Hin und Her zwischen Hotel, Studio, Hotel, Studio. Wir waren noch nie an einem Ort gewesen, der zugleich Aufnahmemöglichkeiten bereithielt. Es war für uns also eine ganz neue Art zu arbeiten – und eine wirklich gute, wie ich finde. Wir hatten einfach nur diesen riesigen alten Raum mit einem großen Kamin, in dem das ganze Equipment aufgebaut war. Man konnte runterschlendern und loslegen, wenn niemand da war, Oder es ergab sich eine kleine Jam-Session, wenn jemand anderes auftauchte. Auf irgendeine Weise wurde ständig Musik gemacht, was, wie man am Resultat ablesen kann, ziemlich gut funktioniert hat.“
Dieser – für die damalige Zeit – unkonventionelle Ansatz gab der Gruppe mehr Freiheiten, um spontane Performances und Momente der Inspiration einzufangen. So berichtet Robert Plant über die Entstehung von „Stairway To Heaven“: „Ich saß neben Jimmy vor dem Kamin in Headley Grange. Er hatte diese Akkordfolge geschrieben und spielte sie mir vor. Ich hielt Stift und Papier in den Händen und plötzlich schrieb meine Hand die Worte ‚There's a lady who's sure all that glitters is gold...‘ Ich saß da, blickte auf die Worte und sprang fast von meinem Stuhl auf. Rückblickend denke ich, dass ich mich im richtigen Moment dort hingesetzt habe.“
Die Band fand auch Wege, die Akustik von Headley Grange zu ihrem Vorteil zu nutzen. Am berühmtesten ist die Aufnahme von Schlagzeuger John Bonham, der „When The Levee Breaks“ in der gediegenen Eingangshalle des Hauses spielte und dabei in der Nähe in einer Treppe aufgehängte Mikrofone verwendete. Heute ist es eines der berühmtesten Schlagzeugsounds der Welt und wurde unzählige Male von Künstler:innen unterschiedlichster Genres gesampelt, darunter Beyoncé, Beastie Boys, Massive Attack, J. Cole, Björk und Eminem.
Als die grundlegenden Spuren für das Album im Kasten waren, kehrte die Band nach London zurück, um „Stairway To Heaven“ aufzunehmen und fügte dem Headley-Material in den Island Studios Overdubs hinzu. Wenig später reiste Page nach Los Angeles, um in den Sunset Sound Studios am ersten Mix des Albums zu arbeiten, bevor er später in den Island Studios weitere Teile des Mixings erledigte. Der finale Mix zog sich dann bis zum Juli des folgenden Jahres, um nicht die Frühlings- und Sommertouren der Band zu durchkreuzen.
Einer der denkwürdigsten Bestandteile des Album-Artworks waren die vier Symbole, die auf der Innenhülle und dem Album-Label genutzt wurden und für die vier Bandmitglieder standen.
„Es gab dieses wirklich schöne kleine Buch mit Zeichen und Symbolen“, sagt John Paul Jones. „Daher kam uns der Gedanke, unsere Symbole aus diesem Buch auszuwählen – eines, das zu je einem Bandmitglied passte. Bonzo [John Bonham] haben uns also pflichtbewusst ans Werk gemacht und Symbole ausgesucht, die grafisch irgendwie so ziemlich das Gegenteil voneinander darstellten, was ziemlich seltsam war. Robert und Jimmy haben dann natürlich ihre eigenen entworfen. Sie hatten alle ihre eigenen Bedeutungen.“
Was dann folgte, ist längst legendär: Das unbetitelte Album wurde ohne Text auf der Vorder- oder Rückseite des Covers veröffentlicht, noch nicht einmal ein Bandname oder Albumtitel war dort zu lesen – eine Idee, die zu dieser Zeit nichts weniger als radikal war.
„Nach der Veröffentlichung und dem Erfolg des dritten Albums erhielten wir in bestimmten amerikanischen Fachzeitschriften immer noch negative Kritiken für die Alben und Konzerte“, erinnert sich Page. „Und selbst nach dem dritten Album hieß es, wir seien ‚ein Hype‘ und so weiter und so fort. Das war leicht ärgerlich. Daher erschien es uns eine interessante Vorgehensweise, ein Album ohne jegliche Informationen herauszubringen... und zu sehen, wie es sich verkaufen würde“.
„Das Cover bedeutet, was immer die Leute darin lesen wollen“, sagte John Bonham seinerzeit bei der Veröffentlichung des Albums. „Für mich bedeutet es: ‚Ich lebe lieber in einem alten Haus als in einem Wohnblock‘. Meine persönliche Meinung ist: es ist das beste Album, was wir je gemacht haben. Ich liebe es. Es ist das vierte Album und als wir es aufnahmen, erreichten wir eine neue Stufe. Jedes unserer Alben war unterschiedlich und meiner Meinung nach ist dieses das beste. Und das sage ich nicht, weil ich überheblich oder großspurig klingen will.“