"Ey, Leben, was ist eigentlich dein Problem mit mir?", fragt sich Lil Zey in "NAYLON"
"NAYLON" erzählt von Weltschmerz und Liebeskummer, vom Verlassen-, Verkopft- und Innerlich-Abgekühlt-Sein.
Auf Lil Zeys neuestem Singlecover (siehe oben) ist eine Mülltüte zu sehen. Verheddert in kahles Gebüsch hat sie nach einem Windstoß mehr zufällig die Form eines aufgeplusterten Herzens angenommen. Ein starkes Bild, durchaus vielseitig interpretierbar. Spielt Lil Zey auf ihr eigenes, gebrochenes und dadurch luftgeflutetes Herz an? Auf eine herzlose Industrie, auf all die verwaisten Seelen aus Plastik? Oder doch auf die Schönheit des Zufalls, die Blume im Asphalt, den Umstand, dass selbst eine herrenlose Mülltüte im Gebüsch Hoffnung spenden kann? Tatsächlich ist "NAYLON", die Single hinter besagtem Cover, eine Mischung aus all diesen Ansätzen und Gedanken — ein düsteres Liebeslied, ein wütender Trennungssong, ein kritisches Selbstgespräch, eine empowernde Fluchtphantasie, eine vielschichtige Abhandlung substanzieller Sinnfragen, nicht zuletzt eine Projektionsfläche für alle Leidenden.
"Hayat bana garezin ne sen hayrola?" heißt, frei übersetzt aus dem Türkischen, ungefähr so viel wie: "Ey, Leben, was ist eigentlich dein Problem mit mir?". Lil Zey, das erste internationale Singning vom Warner-Ableger Atlantic Records Germany, hat diese Frage nicht ohne Grund im Zentrum ihrer neuen Single platziert. "NAYLON" erzählt von Weltschmerz und Liebeskummer, vom Verlassen-, Verkopft- und Innerlich-Abgekühlt-Sein. Von Regen, "Lastwagen voller Probleme" und temporär aufflackernder Todessehnsucht. Davon, dass das Schicksal manchmal eine, Zitat, Schlampe ist; eine Klette, die man nicht abschütteln kann. Aber eben auch davon, dass Zey eine starke Frau ist — ein Vogel, dem Federn gewachsen sind und der seinen Käfig demzufolge endlich verlassen kann. "NAYLON" lebt lyrisch, das ist durchaus Lil-Zey-typisch, von imposant- kryptischen Sprachbildern und diffuser Doppeldeutigkeit. Die Protagonistin scheint einerseits auf ihr eigenes Leben einzureden, adressiert zugleich aber auch eine*n ehemaligen Partner:in.
Ebenso vielschichtig mutet "NAYLON" auf musikalischer Ebene an. Das überrascht kaum, hat sich Lil Zey doch längst durch ihre experimentelle Kreuzung aus Hyperpop, Mumblerap und dreidimensional-antizyklischen Trap-Sounds auf internationaler Ebene einen Namen gemacht. In "NYLON" verschwimmen nun wohlige Flöten-Sound mit bizarren Percussions, 80s-esken Synth- Flächen und innovativer Stimmverzerrung. Der Song — produziert von Muerte Beatz, Berky und Simulasyon — bewegt sich durch immer neue Phasen, schwankt ständig zwischen Epos und Verworrenheit. Einmal mehr ist es Lil Zey gelungen, ein hochkomplexes Kopfkino in Musik zu übersetzen. Zuletzt hat die aus der Türkei stammende Kosmopolitin mit "DEFOL" einen internationalen Hit gelandet — alleine auf Spotify hat das Stück seit Mai über zwanzig Millionen Streams gesammelt.