Plädoyer gegen die Selbstsabotage: Lil Zey legt neuen Song "DEFOL" vor
Lil Zey wird auf Schritt und Tritt verfolgt — von einem Gegenspieler, den sie nicht abschütteln kann. Er ist ihr größter Feind, obwohl er sie kennt wie kein zweiter. Er hemmt und sabotiert sie, steht ihr täglich im Weg, treibt sie schier in den Wahnsinn und ist doch ein Teil von ihr. Zeynep hat seine Anwesenheit lange geleugnet, seine Existenz zu verdrängen versucht, seine Angriffe hingenommen. Doch nun, im Zuge ihrer neuen Single "DEFOL", holt das erster internationale Singning vom Warner-Ableger Atlantic Records Germany in einem epischen Akt der Befreiung endlich zum Gegenschlag aus. Unten gibt es das Musikvideo zu sehen.
"DEFOL" ist ein Plädoyer gegen die Selbstsabotage. Ein wütender Dialog, ein anklagendes Streitgespräch, das am Ende sogar in Gewaltandrohungen gipfelt — zwischen Lil Zey und ihren innersten Dämonen, ihrer ureigenen Kehrseite, ihrem Schattenselbst. Die Vorwürfe, die Zeynep ihrem Antagonisten im Laufe des Songs an den Kopf wirft, haben es in sich: Er allein sei der Grund für ihre toxische Getriebenheit, die schlaflosen Nächte und die bipolaren Phasen. Er und nur er allein mache sie paranoid, krank und narzistisch, verwandle sie in eine rücksichtslose Selbstdarstellerin — "birakmadin tripleri her bokun show". Was auf den ersten Blick wie ein individuelles, ja, beinahe psychopathischen Laster aussieht, ist in Wahrheit ein Massenphänomen. Schließlich tragen wir sie alle im Unterbewusstsein: die negativen Charaktereigenschaften, die unterdrückten Erfahrungen und lähmenden Traumata, das kleine Quantum Selbsthass, dem wir nur ungern auf den Grund gehen.
Lil Zey tut es, mutig wie sie ist, sogar öffentlichkeitswirksam. Die innere Zerrissenheit der aus der Türkei stammenden Globetrotterin wird schon auf dem Cover der neuen Single dargelegt. Darauf zu sehen ist eine junge Frau, die mit zugenähtem Mund und tränenden Augen im dicken Spinnweben ihrer eigenen Gedankenwelt gefesselt scheint. Mindestens genauso eindrucksvoll hat Zeynep die Geladenkeit des Konflikts mit dem eigenen Schattenselbst im "DEFOL" zugrundeliegenden Klangbild gespiegelt. Einmal mehr ist ihr eine Hyperpop-Hymne gelungen, die in ihrer nichtkonformen Mehrdimensionalität und Verworrenheit kaum zu greifen und dennoch spürbar genial ist. Im Vordergrund des Beats stehen die Akkorde einer atonalen Schweineorgel, die wahlweise von einer hektischen Jersey-Kick, dominanten Claps, einem Achterbahn-artigen Basslauf und gespenstischem Geheule beschwert werden. Die Soundkulisse baut sich im Laufe des Tracks Gewitter-artig immer bedrohlicher vor der Hörer:innenschaft auf und passt sich damit Zeyneps stetig druckvoller werdenden Vocal-Perfomance an. Und dann, im Finale von "DEFOL", scheint sie sich tatsächlich mit aller Gewalt von ihrem unliebsamen Schatten frei zu sprengen — "sonra sabaha kadar etcen bana dua".