Flavio und Levin Liam fühlen sich, als würden sie "Laut Denken"

Manchmal muss man loslassen — selbst, wenn man es rational kaum begründen kann. Flavio (Foto) und Levin Liam scheinen im Laufe ihrer jeweils überschaubaren Biografien verhältnismäßig viele kräftezehrende Trennungsgespräche geführt zu haben — "Laut Denken", ihr erstes gemeinsames Stück Musik, lässt das zumindest vermuten.

"Laut Denken" ist eine Galerie maximal präziser Sprachbilder à la "Ich hab mehr Tränen von dir genommen, als du weinen kannst", schnürt tausend Geschichten von Gefühlswirrwarr, gemischten Signalen und ausgeprägtem Schuldbewusstsein zu einer neuen zusammen. Feinsinnig und multidimensional formulieren Flavio und Levin aufrichtige Monologe, an deren Ende die Zeichen in beiden Fällen auf Abschied stehen: "Wenn ich neben dir lieg’, fühl ich mich als würde ich laut denken — was ich jetzt für dich fühle, das kann ich nicht aussprechen".

Flavio und Levin teilen allerdings nicht nur das Verständnis für die komplizierte Situation des jeweils anderen: Ihre Künstlernamen sind seit einigen Monaten immer wieder Nachbarn auf verschiedenen Artists-to-Watch-Listen. Den Gelsenkirchener und den Hamburger eint ein expressionistischer Geist. Mit schemenhaft formulierter Poesie, unkonventionellem Versmaß und eigenwilliger Coolness ist es sowohl Flavio als auch Levin gelungen, gänzlich neue Nischen auf dem deutschsprachigen Musikmarkt zu ergründen. Im künstlerischen Prozess verhalten sich beide Artists im besten Sinne ignorant, gehen nach gänzlich eigenen Regeln vor — "Laut Denken" ist dafür das beste Beispiel.

Auf einem freischwimmend-futuristischen Beat voll spitzer Percussions konstruieren Levin und Flavio wieder und wieder neue experimentelle Flows. Zwischen minimalistisch-vielseitiger Vocal-Effektierung und perfektionistischer Pausensetzung ergänzen sich die Featurepartner auf "Laut Denken" perfekt. Nach einem erfolgreichen gemeinsamen Auftritt auf dem splash!-Festival 2023 gibt es nun also auch ein stimmungsvolles, für die Ewigkeit dokumentiertes Duett von Flavio und Levin Liam.