Shannon Shaw

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Shannon Shaw, die fesselnde Sängerin, Bassistin und Gründerin von Shannon & the Clams, macht sich mutig allein auf den Weg und beglückt uns mit ihrem ersten Soloalbum „Shannon In Nashville. Als Verbeugung vor Dusty Springfields Klassiker „Dusty in Memphis von 1969 unternahm Shaw ihre eigene Pilgerfahrt in den Süden, um mit The Black Keys’ Dan...

Shannon Shaw, die fesselnde Sängerin, Bassistin und Gründerin von Shannon & the Clams, macht sich mutig allein auf den Weg und beglückt uns mit ihrem ersten Soloalbum „Shannon In Nashville. Als Verbeugung vor Dusty Springfields Klassiker „Dusty in Memphis von 1969 unternahm Shaw ihre eigene Pilgerfahrt in den Süden, um mit The Black Keys’ Dan Auerbach sowie einer Ansammlung ruhmreicher Session-Musiker der alten Schule zu kollaborieren, die schon auf den bemerkenswerten Alben von Elvis, Willie Nelson, John Prine, Herbie Mann, Aretha Franklin, Sturgill Simpson und Nikki Lane spielten, um nur einige zu nennen.

Es begann damit, dass Auerbach, der Shannon and the Clams in einem örtlichen Plattenladen entdeckte, die Band an einen australischen Tour-Promoter weiterempfahl. Shaw schrieb ihm, um Danke zu sagen, in der Folge trafen sie sich persönlich im historischen Venue Fillmore in San Francisco und formten sofort eine enge künstlerische Bande. Die beiden spielten einfach drauf los, und nur Tage später lud Auerbach sie runter nach Nashville ein, um ein Soloalbum aufzunehmen.

Der Prozess der Aufnahmen zu „Shannon In Nashville“ bugsierte Shaw in unbekanntes Terrain, was sich zeitweilig verständlicherweise beängstigend anfühlte. Sie kämpfte damit, ihr schwindendes Selbstbewusstsein und das Gefühl zu überwinden, dass sie es nicht verdiente, hier zu stehen – im Grunde ein klassischer Fall von Hochstapler-Syndrom. Shaw hatte noch nie Session-Writing absolviert oder exklusiv mit einer Gruppe älterer, männlicher Berufsmusiker gearbeitet, die mit Musikproduktion ihren Lebensunterhalt verdienen. „Musik zu schreiben ist für mich ein so verletzlicher, emotionaler Prozess. Sie erwarteten von mir, wie beim Seilspringen einfach so reinzuhüpfen. Es fühlte sich für mich an, als würde ich mich nackt ausziehen.“ Bei ihrer Ankunft erwartete sie unterbewusst, wie „das Mädchen“ behandelt zu werden, ein Eindringling in die vornehmlich männliche Musikbranche. Dann jedoch sorgte die bodenständige, bescheidene und ermutigende Art der Studiomusiker dafür, dass sie sich unter Gleichgesinnten wähnte. Und ihr wieder ins Bewusstsein kam, wieso sie alle hier waren: um gemeinsam im Dienste ihrer Vision für das Album zu arbeiten. Der Titel des Albums ist daher auch als Anerkennung ihrer Zusammenarbeit mit diesen Größen der „Music City“ gedacht. Shaw brachte sechs Songs mit in die Sessions, der Rest wurde von Grund auf an gemeinsamen Songwriting-Tagen geschrieben. Es war ein Training für ihr Selbstbewusstsein und dafür, zu sagen, was sie wollte. „Kannst du dir vorstellen, Bobby Wood, dem Pianisten von Elvis, mitzuteilen, dass du nicht magst, was er abliefert?“

Sie gibt zu, dass sie anfänglich große Schwierigkeiten hatte, die Vorstellung der Aufnahme eines Soloalbums in ihren Kopf zu bekommen und zudem schlicht nicht über die Mittel für ein derartiges Unterfangen verfügte. Ihre radikal freigeistige Mutter beharrte jedoch darauf, dass sie gehe, und drohte damit, ihr Auto zu verkaufen, um ein Flugticket zu erwerben. Unwillig, ihre Mutter zu enttäuschen – oder für den Verkauf ihres Autos verantwortlich zu sein – schrieb Shaw Auerbach, dass sie sich mit den Aussichten nicht so sicher sei und sich, im besten Falle, allenfalls das Ticket für den Hinflug würde leisten können (ohne dass ihr Mutter das Auto würde verkaufen müssen). Auerbach schrieb zurück: „Komm einfach und wir ziehen es durch. Es wird großartig.“ Und genau das wurde es. Shaws Intonationen von Brenda Lee und Patsy Cline lassen einem förmlich die Tränen in die Augen schießen, und ihre Könnerschaft an dem Instrument, das ihr in die Wiege gelegt wurde, lässt nicht den Hauch eines Zweifels daran, dass ihr der Platz auf dem Thron gebührt – ganz egal, was sie herausschmettert.

Auerbach glänzt bei Shannon In Nashville als Produzent und bringt ein waches Auge für Talent mit. Er hat diesen Rohdiamanten liebevoll in der Punk-Welt aufgelesen und in sein eigenes Aufnahmestudio und Plattenlabel Easy Eye Sound überführt. Die satte Orchestrierung des Albums verquickt den Nashville-Sound nahtlos mit dem Motown-Sound ­– beide bekannt dafür, eine Spielart von Roots-Musik in Pop zu überführen – und verleiht Shaws von Natur aus schmerzvoller, brennender Stimme Flügel. Das All-Star-Lineup umfasst Drummer Gene Chrisman und Bobby Wood (Keys und Percussion) von den Memphis Boys, die Hausband des American Sound Studio, die bereits Hits von Elvis, Neil Diamond, Herbie Mann, und ja: Dusty Springfield Leben einhauchte. Abgerundet durch Bassist Dave Roe, die Gitarristen Russ Pahl, Auerbach und weitere, ergibt Shaws gesamte Session-Crew eine ellenlange Liste.

Shaw kommt wahrhaftig in Nashville an und klingt wie eine Frau, die es gelernt hat, sich so zu nehmen wie sie ist und wo sie herkommt. Als Tochter eines Feuerwehrmanns und einer Mutter, die nahezu ihr halbes Leben als Krankenschwester im Napa State arbeitete (eine psychiatrische Anstalt, die auch dafür berühmt ist, dass dort 1978 ein Cramps-Konzert stattfand), wuchs Shaw auf dem Land auf, wo sie alles daransetzte, Sportskanonen und Polizisten aus dem Weg zu gehen, die nichts Besseres zu tun hatten, als Außenseiter zu mobben. In der High-School bekam Shaw von einem Freund eine Bassgitarre geschenkt, jene glänzende Danelectro, die sie bis heute spielt. Seinerzeit nicht in der Lage, sich selbst als „echte“ Musikerin zu sehen, sollte es zehn weitere Jahre dauern, bis Shaw mit dem Bassspielen begann, als sie nach einem besonders harten Beziehungsende allein in der East Bay hockte und ein Ventil benötigte. Seitdem ist sie eine Expertin darin geworden, die Trümmer gescheiterter Lieben mit stimmlichen Stilen zu untersuchen, die es mit den Girlgroups der 60er aufnehmen oder einem Dion, während dieser seine Zähne ausgeschlagen bekommt.

Im zurückgelehnten, trippigen Song „Leather, Metal, Steel“ widmet sich Shaw voll Wehmut diesen ländlichen Wurzeln, in der Hoffnung, ein Herz wiederzubeleben, das in der gnadenlos gespaltenen Landschaft der Gentrifizierung stetig weiter abstumpft. Leder, Metal und Stahl repräsentieren dabei auch ein Vehikel der Geborgenheit und der Befreiung. „Für mich war mein Auto immer mein sicherer Ort. Als ich aufwuchs, gab es nur meine Brüder, mit denen ich rumhängen konnte, wir wohnten weit abgeschlagen von allem und es gab außer einem Bach nichts, wo du hinlaufen konntest.“ Das Innere ihres Autos ist auch der Ort, an dem sie all ihre Songs schreibt und wo sie sich hinbegibt, wenn sie sich am verletzlichsten fühlt. „Die Weise, in der ich typischerweise meine Songs schreibe, ist: Mir ist etwas passiert und ich will es einkapseln. Ich will es einfangen und dann verpacken, sodass ich es aus meinem Körper ziehen und anblicken kann, um eine Draufsicht auf das Ereignis zu erhalten, das mich in Mitleidenschaft gezogen hat“, sagt Shaw über die Katharsis, die ihren Songwriting-Prozessen innewohnt.                                    

Aufgewachsen in einer mormonischen Glaubensgemeinschaft, begann Shaw Autoritäten in Frage zu stellen, als die Kirche ihre Mutter nach der Scheidung vom Vater ausstieß und versuchte, die Kinder dahingehend zu manipulieren, dass sie ihre Eltern wieder zusammenbringen sollten, á la „Das doppelte Lottchen“. Ihr Vater erholte sich nie gänzlich von der Trennung, was Shaw im schwermütigen und zugleich hoffnungsvollen „Cryin’ My Eyes Out“ thematisiert.

Shannon In Nashville verströmt eine selbstbeherrschte Melancholie, die den Boden für Shaw bereitet, auf dem sie eine persönliche Geschichte der Liebe durchkämmt, die der Zeit, den Umständen, Ängsten oder schlicht Vernachlässigung zum Opfer fiel. „I Might Consider“ sticht dabei als die eindringlich-schönste Beschäftigung mit diesem wiederkehrenden Motiv hervor – der Song zeichnet die verblassenden Linien des Wer-hat-wem-was-zugefügt nach, in der Hoffnung auf einen Waffenfrieden. Der Kick-off-Song des Albums wiederum, „Golden Frames“, ruft Erinnerungen an Dolly Parton und Porter Wagoners herzzerreißendes Duett „Just Someone I Used to Know“ wach und veranschaulicht das Dilemma, mit den Artefakten der Liebe zurechtzukommen, die auf quälende Weise die Beziehung überleben, aus der sie kamen.

Nachdem sie auf der anderen Seite des Liebeskummers wieder hervorgekommen ist, schlägt sich Shaw in „Cold Pillows” und dem Amy-Winehouse-esken „Broke My Own” mit dem Schuldgefühl herum, das Herz eines anderen gebrochen zu haben, nachdem sich das Blatt gewendet hat. Sie fühlt mit dem Schmerz des Verlassenen in einem Maße mit, wie man es nur selten bei der Person vorfindet, die die Beziehung beendet. „Love I Can’t Explain“ thematisiert derweil Shaws Selbstschutz-Tendenz, die Auswurftaste zu drücken, sobald sie auch nur einen Hauch von Zurückweisung erfährt. „Freddies n’ Teddies“ bekräftigt die Notwendigkeit, die eigene Würde instandzuhalten, wenn man sich zurück auf den Dating-Markt schmeißt.

Zusammenfassend betrachtet, feiern die bittersüßen Balladen von „Shannon In Nashville das Hochgefühl der Liebe, während sie zugleich ihren Verlust betrauern. Shaw zelebriert den Mut zu lieben und erinnert uns daran, dass sogar Liebeskummer ein lebensbejahender, lehrreicher Moment sein kann. Auf ihrem Album plädiert Shaw dafür, auszuharren und den Widrigkeiten zu trotzen. Leg los, staple hoch und, wenn notwendig, reiß es wieder ein und beginne von Neuem.


Allison Wolfe

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